Die VT 600 imitiert das Original – und macht es besser
Wenn man der Comicfigur Werner des Zeichners Rötger „Brösel“ Feldmann glauben darf, dann entstand der erste Chopper durch einen Unfall. Der Fahrer eines Landmotorrades von Harley-Davidson kam von der Straße ab und flog zwischen zwei Bäumen durch, die das breite und gerade Lenkerrohr nach oben und hinten verbogen. So entstand der als Ape Hanger bekannte, nach hinten geschwungene Lenker. Der Fahrer verlor außerdem das vordere Schutzblech und riss die Hälfte des hinteren Schutzbleches ab. Weil das englische Wort für "abtrennen" beziehungsweise "wegsägen" "to chop" heißt, wurde diese neue Art der von überflüssigem Blech befreiten Motorräder "Chopper" genannt.
Der wahre Kern dieser Geschichte beruht darauf, dass Motorradenthusiasten in USA alte Nachkriegsmotorräder von umbauten, um sie leichter zu machen. Dadurch wuchs einerseits die Geschwindigkeit, andererseits wurde das Handling deutlich besser. Zu guter Letzt konnte der Besitzer seiner Maschine durch die Modifikationen ein individuelles, ein einzigartiges Aussehen verleihen. Die für das heutige Verständnis eines Choppers so wesentliche verlängerte Vordergabel und die nach vorne verlegten Fußrasten kamen erst über die Jahre hinzu.
Wie kam das Chopper-Fieber nach Europa?
So simpel es klingt: Man darf dem Film „Easy Rider“ dafür danken, Motorräder mit überlangen Telegabeln in Europa bekannt gemacht zu haben. Der Film belegte bei den Filmfestspielen in Cannes 1969 den ersten Platz, und wurde so auf einen Schlag in ganz Europa bekannt.
Bis mit der Honda VT 600 ein nicht-amerikanischer Chopper auf den Markt kam, der auch diesen Namen verdient, mussten die Europäer zunächst einige unsägliche Fehlversuche hinnehmen, wie das Puch MC 50, ein Moped mit 50 Kubikzentimetern Hubraum, oder die Kawasaki LTD-Reihe mit Zahnriemenantrieb. Erst die VT 600 Custom und die VT 600c Shadow konnten echtes Chopper-Feeling verbreiten.
Was war das Herausragende an der VT 600 von Honda?
Hatten die Modelle von Harley-Davidson gemeinhin den Ruf, technisch schlecht konstruiert und sehr störanfällig zu sein, machten die Konstrukteure von Honda gleich alles richtig. Die VT 600 hat – im Gegensatz zur nachempfundenen Softail von Harley-Davidson – eine ordentliche und verlässliche Bremsanlage. Der Geradeauslauf ist bis zu Geschwindigkeiten von 120 km/h hervorragend, und die Maschine ist problemlos hantierbar. Der Zweizylinder-V-Motor ist ein bewährtes Aggregat, welches zuvor schon vielfach in der Honda Transalp verbaut wurde. Schließlich ist die Honda auch noch 70 kg leichter als das Original.
Wo kann ich heute eine Custom oder Shadow kaufen?
Die VT 600 wurde bis ins Jahr 2000 hinein gebaut, der Markt für Gebrauchtfahrzeuge ist immer noch groß, auch Ersatz- und Tuningteile für die Honda sind im Onlinehandel überall verfügbar.