Das Buch hat, gemessen an seinem Inhalt, leider zu viele Seiten. Keine Frage, ich mag diesen cholerischen, eitlen Menschen. Ich habe die meisten seiner Sendungen gesehen und mich immer an Reich-Ranickis analytischen Schärfe wie an seiner profunden Belesenheit erfreut. Doch an diesem Buch wird deutlich, daß ein großer Literaturkritiker nicht gleichzeitig ein großer Literat sein muß. Bedrückend - das war zu erwarten - ist all das, was nur knapp erzählt wird in dem Buch oder gar nicht vorkommt, obwohl es zu dieser Biografie dazugehört: die Kindheit und Jugend im antisemitischen Polen, im antisemitischen Deutschland, im Ghetto... wie soll man auch über das schreiben, woran die Sprache versagt?
Die Biografie des medienbekannten Kritikers und Autoren Reich-Ranicki ist in einem leicht lesbaren und verständlichen Stil geschrieben. Geschichtlich besonders lehrreich sind die Erlebnisse im Warschauer Getto. Sie sind ohne Rachegedanken verfasst und werden von den deutschen Lesern ressentmentfrei aufgenommen werden. Ein Betroffener, der Deutschland trotz allem zu seinem Wohnsitz ausgewählt hat. Auch die Erlebnisse mit bekannten zeitgenössischen Schriftstellern, die Rang und Namen haben, kommen zu Wort und lasssen eine eigene Beurteilung zu. Es geht um Menschen, die bekannt geworden waren durch Lesen ihrer Bücher oder über ihre Medienauftritte. Wichtig für mich war: im Buch ist nichts zu finden von der "dogmatischen Rechthaberei" des Kritikers, die bei Fernsehauftritten häufig zu sehen, in Kritiken zu lesen und wofür er so bekannt geworden war. Ein Kritikerpapst, der das Selbstbewusstsein hatte, sehr deutlich Stellung zu beziehen. Immer hatte er natürlich nicht Recht mit seinen Aussagen, zu denen auch einige harte Verrisse zählten und die die Autoren persönlich treffen konnten. Denn nicht selten beeinflusste die Beurteilung des Kritikers, auch den Absatz, also den Verkauf, eines Buches. Die Bezeichnung "Literaturkritiker" ist ihm auf den Leib geschnitten, er zelebrierte sie auch in der Öffentlichkeit. Für die Frankfurter Allgemeine schreibend erreichte er ein gebildetes und auch konservatives Publikum, das sich seine eigene Meinung bilden kann. Mit dieser Biografie ist ein kulturell notwendiges Buch entstanden. Es handelt sich um eine gelungene Biografie, die zum Lesen weiter empfohlen werden kann.Vollständige Rezension lesen
In diesem Buch kommt eine ganz ander Seite von MRR zum Vorschein: während man ihn in der Öffentlichkeit kennt als gefürchtet scharfzüngigen Kritiker, der auch schon mal wütend-verächtlich ein Werk in Grund und Boden stampft, der seine hohen literarischen Maßstäbe bruttelnd und grantelnd per FAZ und TV in jede gebildete Familie getragen haben dürfte, wird MRR hier als Mensch plastisch, nachvollziehbar, verständlich. Eine erstaunliche Biografie eines Überlebenden des Warschauer Ghettos. Sollte man wirklich gelesen haben.
Der bekannte Literaturkritiker erzählt sein Leben. Spannend, teilweise auch bedrückend. Aber in jedem Fall sehr lesenswert. Mir haben die präzise Sprache und der trockene, sehr charmante Humor gut gefallen.
Wenn Literaturkritiker selbst ein Buch schreiben, kann man ruhig kritisch sein bei der Lektüre. So habe ich das also gelesen, und trotz der teilweise schweren Kost, historisch gesehen, hat es mir sehr zugesagt. Der Mensch Marcel Reich-Ranicki ist liebenswert, auch wenn er als Kritiker Haare auf den Zähnen hat. Eine der interessantesten Biografien der letzten Jahre.
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