„Die große Enzyklopädie des 2. Weltkriegs“? Zeitverschwendung!
Verlagswerbung: „Diese Sonder-Edition beinhaltet erstmals alles Wissenswerte über den kompletten 2. Weltkrieg. In der wohl beeindruckendsten Dokumentation des größten militärischen Konfliktes des 20. Jahrhunderts sehen sie z.T. unveröffentliches Filmmaterial aus den unterschiedlichsten Archiven der ganzen Welt...“ Das ist eine großspurige Übertreibung.
Die DVDs (O-Ton: englisch), je 2 Teile à 2,5 Stunden, sind nicht benutzerfreundlich. Einzelne Oberkapitel lassen sich zwar aufrufen, beginnen aber meistens mitten im Satz. Durch diese willkürlichen Kapitelmarker ist der "Spaß" vorbei, bevor er angefangen hat.
Die – immer nur wenige Minuten langen – Unterkapitel sind nicht anwählbar. Sie sollen wie zeitgenössische Wochenschauen wirken und haben zum Teil unsägliche Originaltitel: "The scum also rises: Hitler’s new Germany" = "Auch der Abschaum steigt auf: Hitlers neues Deutschland".
Für die inhaltlichen Schwächen sollen die "Blitzkriege" als Beispiele dienen, denn sie markieren den Beginn des Weltkriegs, sind also ausschlaggebend für den Verlauf des Krieges in Europa.
Der Polenfeldzug wird in unter 4 Minuten abgehandelt. Der "Angriff auf den Reichssender Gleiwitz“ – ein von den Nazis konstruierter Kriegsgrund - wird zwar genannt, aber darauf folgt diese revisionistische Äußerung: "Hitler heuchelt Entrüstung und startet den größten GEGENANGRFIFF in der Geschichte." Es gab in den Jahren zuvor unzählige gegenseitige Provokationen, aber Hitler hat diesen Krieg angefangen. Von einem Gegenangriff kann keine Rede sein.
Das "Kapitel" über den Westfeldzug beginnt mit der Kriegserklärung Frankreichs und Großbritanniens (3. Sep. 1939) und dem langen "Sitzkrieg". Der Abschnitt führt über den deutschen Angriff am 10. Mai, Dünkirchen am 24. Mai bis zum Waffenstillstand am 25. Juni 1940. Der Krieg hat zwar nur 46 Tage gedauert, doch mit 7:42 Minuten ist dieser Beitrag viel zu kurz geraten, wodurch viele wichtige Informationen fehlen. Wer sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt, erkennt das sofort. „Ungenauigkeiten“ erwecken aber ein falsches Bild bei „Einsteigern“ ins Thema.
Ein Beispiel: Generalleutnant ERICH von Manstein, der Planer des „Sichelschnitts“ durch die Ardennen, heißt hier FRITZ. Man mag dies als Kleinigkeit abtun, aber das wäre falsch. Diese Schlampereien ziehen sich wie ein roter Faden durch die Sammlung.
Weitere Bespiele samt Korrekturen:
- Heeresgruppen (engl.: „army groups“) werden durch wörtliche Übersetzung zu Armeegruppen. In der Wehrnacht waren Armeegruppen jedoch nur ad hoc zusammengestellte Großverbände. Heeresgruppen waren Kommandobehörden zur Führung mehrerer Armeeoberkommandos (AOK). Diese waren dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW), dem Oberkommando des Heeres (OKH) oder dem Oberbefehlshaber eines Kriegsschauplatzes unterstellt.
- Hitler ernannte Göring laut Sprecher zum „Reichsführer“. Tatsächlich ernannte er ihn zum „Reichsmarschall“. Innerhalb der NSDAP gab es zwar „Reichsleiter“, „Reichsjugendführer, „Reichsarbeitsführer“ usw., aber es gab nur einen „Reichsführer“, und zwar den „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler.
- Hier heißt es, dass Himmler 1933 eine „unbedeutende Polizeitruppe“ befehligte. Er kommandierte jedoch Hitlers Leibgarde. SA und SS wurden nach der Machtergreifung zur Hilfspolizei mit fast unbegrenzten Befugnissen. Bis zum „Röhm-Putsch war die SS nur Teil der SA.
Fazit: Diese Sammlung (12 DVD/60 Std.) ist eine Enttäuschung, die mit historischen Fehlern übersät ist. Sie ist lieblos zusammengeschustert und basiert großenteils auf veraltetem Wissensstand. Vor allem ist dies keine Enzyklopädie. Es gibt kein Inhaltsverzeichnis und keine thematische Sortierung. Berücksichtigt ist bestenfalls der globale zeitliche Ablauf des Weltkriegs. Ich kann die DVD-Sammlung niemandem empfehlen. „Experten“ und „Fortgeschrittene“ werden entsetzt sein, „Anfänger“ können nichts lernen. Man kann sein Geld und seine Zeit besser anlegen.
Bestätigter Kauf: JaArtikelzustand: Gebraucht