Von professionellen Lesern wie Elke Heidenreich hat der junge deutsche Autor Daniel Kehlmann (geb. 1975 in München) für seinen Roman "Die Vermessung der Welt" bereits höchstes Lob eingeheimst. Marcel Reich-Ranicki meint: "Ich empfehle Daniel Kehlmann unbedingt. Intelligenz, Beobachtungsgabe und fabelhafte Dialoge." Mittlerweile ist der Roman für den deutschen Bücherpreis nominiert und hat die besten Chancen diese Trophäe einzuheimsen. Ein Buch, das man sich keinesfalls entgehen lassen darf. Doch womit begeistert Kehlmann eigentlich seine Leser? Die beiden Hauptpersonen seines Romans, der im 18. Jahrhundert spielt, haben sich den Wissenschaften verschrieben. Während der Mathematiker Carl Friedrich Gauß die Welt in seinem Kopf berechnet, vermisst und dabei neue Gesetze findet, muss Alexander von Humboldt hinaus und seine eigenen Erfahrungen machen. Ihm genügt es nicht, die Welt in seine Wohnstube zu holen, er reist nach Südamerika, befährt mit dem Schiff den Orinoko, besteigt die höchsten Gipfel und sammelt mit wahrer Leidenschaft Pflanzen, beobachtet Tiere und unbekannte Stammesrituale. "Nach einem halben Jahr in Neuandalusien hatte Humboldt alles untersucht, was nicht Füße und Angst genug hatte, ihm davonzulaufen. Er hatte die Farbe des Himmels, die Temperatur der Blitze und die Schwere des nächtlichen Raureifs gemessen, er hatte Vogelkot gekostet, die Erschütterungen der Erde erforscht war, in die Höhle der Toten gestiegen." Daniel Kehlmann erzählt von zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die jedoch die Besessenheit von ihrer Materie eint und die sich höchstens in ihrer Schrulligkeit übertreffen. Gauß ist im Gegensatz zu Humboldt das Reisen verhasst. Am liebsten ist er ungestört daheim und beschäftigt sich mit Fragen, wie zum Beispiel, "was eine Zahl ist. Die Grundlegung der Arithmetik." Selbst in der Hochzeitsnacht muss Gauß noch schnell zum Stift greifen, weil "ihm ausgerechnet in diesem Moment klar wurde, wie man Messfehler der Planetenbahnen approximativ korrigieren konnte." Für seine Studenten hat er keine Spur von Sympathie. "Von allen Menschen, die er je getroffen hatte, waren seine Studenten die dümmsten." Er überlegt ernsthaft, "ob die Beschränkten ein spezielles Idiom hatten, das man lernen konnte wie eine Fremdsprache." Man könnte immer weiter aus diesem virtuos geschriebenen Buch zitieren. Daniel Kehlmann gehört zu den besten Autoren des deutschen Buchmarkts und man sollte sich dieses uneingeschränkte Lese - Vergnügen gönnen. Zurücklehnen und einfach genießen.Vollständige Rezension lesen
...so beschreibt Daniel Kehlmann die selbstzweiflerischen Gedanken des Wissenschaftlers Carl Friedrich Gauß bei der Abfassung seines Werkes "Disquisitiones Arithmeticae". Wenn ein Literaturwissenschaftler und Philosoph einen "philosophischen Abenteuerroman" über Gauß und Alexander von Humboldt schreibt, klingt das vielversprechend. Wenn er auch noch eine Professur für Poetik hat, macht mich das neugierig. Wenn Marcel Reich-Ranicki über das Buch nicht grantelt, sondern es lobt und zur Lektüre rät, ja sogar auffordert, dann kommt es auf meine Liste. So kam ich zu dem Buch. Es fiel mir schwer, es wieder zur Seite zu legen. Manche Abschnitte las ich drei, viermal, mit steigendem Vergnügen. Auszüge wurden in der Familie vorgelesen und bereicherten das Gespräch bei Tisch. Die Kinder wollten abends daraus vorgelesen bekommen... Napoleon, Goethe, Lichtenberg. Daniel Kehlmann greift ins Volle. Geschichte, Charakterstudien, Politik, Humor - all dies faßt er in seinem Buch gekonnt zusammen. In leichtem, leicht zugänglichen Stil, nicht ohne Anspielungen und Andeutungen. Ein großer Gewinn, diese Lektüre. Allerdings sollte man sich soweit in europäischer Geschichte auskennen, daß man Fakten und Fiktionen, geschichtlichen Abriß und Fiktion zu trennen vermag. Kehlmann, Daniel Die Vermessung der Welt Verlag: Rowohlt ISBN: 978-3-498-03528-0 Einband: Gebunden Preisinfo: 19,90 Eur[D] / 20,50 Eur[A] / 34,90 CHF Seiten/Umfang: 304 S. Erschienen: 9. Aufl. 23.09.2005Vollständige Rezension lesen
Im Zentrum steht ein Treffen des Mathematikgenies Carl Friedrich Gauß und des Universalgelehrten und großen Naturforschers Alexander von Humboldt 1828 in Berlin, auf einem Naturforscherkongress, für den Gauß nur sehr widerwillig sein Göttingen verlässt. Die zwei Großdenker haben sich beide auf ihre eigene Weise der Vermessung der Welt gewidmet, kommen sich aber nur zaghaft näher. Der Roman kann sich auf knapp 300 Seiten Leben und Werk der beiden allerdings nur schlaglichtartig widmen, eher skizzenhaft und sehr kurzweilig erleben wir wichtige Stationen ihres Schaffens in einer geschickten Mischung aus Fakten und Fiktion: Humboldt auf seinen strapaziösen Exkursionen nach Südamerika, Gauß dagegen eher zerrissen zwischen der hehren Welt der Zahlen und dem schnöden Alltag, denn auch ein Genie hat Zahnschmerzen und muss sich mit Frau und Kindern herumplagen. Die Komik des Romans speist sich dabei nicht nur aus den ironisch beleuchteten Charakteren von Gauß und Humboldt, sondern auch aus der Spannung zwischen Größe und Lächerlichkeit. Humboldts große Forschungsreise nach Russland etwa gerät zur Farce, weil er schon zu berühmt ist: die ganze Expedition gerät zur Massenveranstaltung mit über 100 Teilnehmern, und statt zu Forschen verbringt Humboldt die meiste Zeit auf Empfängen. Insgesamt ein wirklich sehr gelungenes Buch.Vollständige Rezension lesen
Format: Taschenbuch Maßlos, überbewertet, Abklatsch - das sind die Kritiken mit einem Stern. Ehrlich gesagt, hatte ich so was Ähnliches auch erwartet bei diesem Buch, das lange auf der Bestsellerliste ganz oben stand. Deswegen hatte ich es nicht gekauft. Und habe es dann geschenkt bekommen und gelesen. Und war angenehm überrascht. Damit habe ich nicht gerechnet. An die 1-2 Sterne-Kritiker: ich kann diese Meinungen verstehen. Doch mir gefallen dieser Stil und diese Erzählweise, sie setzen sich angenehm ab von vielen anderen.Indirekte Rede statt direkter, Phantasie ersetzt Wirklichkeit bzw. ergänzt sie, so dass man nicht weiß, was momentan zutrifft. Dieses Nichtwissen, war's jetzt so oder doch nicht, macht die Erzählung interessant. Ein sehr gutes Stilmittel. Kurze Sätze, manchmal ironisch gefärbt, manchmal witzig, für Humboldt schien es für Kehlmann einfacher gewesen zu sein, diesen Ton zu treffen, der den Leser schmunzeln lässt. Hier haben wir zwei Genies, die unterschiedlicher kaum sein können, die beide jedoch in ihrem eigenbrötlerischen Gehabe sehr schwierige Typen sind; denen es zu einem großen Maß an Sozialkompetenz fehlt, die jedoch absolut zielgerichtet ihrer Bestimmung folgen und der Welt brillante Erkenntnisse vermitteln. Ich denke, man sollte das Buch mit dem gebotenen Respekt, aber nicht mit zu viel Ernst lesen. Wer mehr über Gauß und Humboldt wissen und lernen möchte - und diese Erzählung stiftet geradezu an - der kann sich entsprechend informieren und trockene Biografien lesen.Vollständige Rezension lesen
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Sogar so gut, dass ich die ca. 360 Seiten an einem Tag durchgelesen habe. Kehlmanns Schreibstil ist wirklich einmalig, obwohl ich zugeben muss, dass es nicht das beste Buch war, das ich jemals gelesen habe. Dennoch ist es absolut lesenswert. Trockener Humor und das hin- und herswitchen zwischen den Leben von Humboldt und Gauß hielt mich als Leser am Ball. Sehr gelungen fand ich die Beschreibung Gauß´, der sich in seiner Zeit so fehl am Platze vorkam, weil er sich nur von Nichtsnutzen und "Langsamdenker" umgeben sah. Bei beiden Hauptfiguren des Buches spürt man, wie dicht Genie und Wahnsinn beieinander liegen und wie schwer es für sie war, die Umwelt, in der sie lebten, von ihrem Wissen zu überzeugen. Sehr gelungener geschichtlicher Abriss!
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