Gut, daß dieses Buch neu aufgelegt wurde. Jakob Wassermann schildert darin in eindrucksvoller Weise, was das Ergebnis von "Assimilation" und Anpassung ist: nichts Gutes. Die wohl bekannteste Stelle, oft zitiert, hieraus: ******************************************************************************* Es ist vergeblich, das Volk der Dichter und Denker im Namen seiner Dichter und Denker zu beschwören. Jedes Vorurteil, das man abgetan glaubt, bringt, wie Aas die Würmer, tausend neue zutage. Es ist vergeblich, die rechte Wange hinzuhalten, wenn die linke geschlagen worden ist. Es macht sie nicht im mindesten bedenklich, es rührt sie nicht, es entwaffnet sie nicht. Sie schlagen auch die rechte. Es ist vergeblich, in das tobsüchtige Geschrei Worte der Vernunft zu werfen. Sie sagen: was, er wagt es aufzumucken? Stopft ihm das Maul. Es ist vergeblich, beispielschaffend zu wirken. Sie sagen: wir wissen nichts, wir haben nichts gesehen, wir haben nichts gehört. Es ist vergeblich, die Verborgenheit zu suchen. Sie sagen: der Feigling, er verkriecht sich, sein schlechtes Gewissen treibt ihn dazu. Es ist vergeblich, unter sie zu gehen und ihnen die Hand zu bieten. Sie sagen: was nimmt er sich heraus mit seiner jüdischen Aufdringlichkeit? Es ist vergeblich, ihnen Treue zu halten, sei es als Mitkämpfer, sei es als Mitbürger. Sie sagen: er ist der Proteus, er kann eben alles. Es ist vergeblich, ihnen zu helfen, Sklavenketten von den Gliedern zu streifen. Sie sagen: er wird seinen Profit schon dabei gemacht haben. Es ist vergeblich, das Gift zu entgiften. Sie brauen frisches. Es ist vergeblich, für sie zu leben und zu sterben. Sie sagen: er ist ein Jude. ******************************************************************************* Bestürzende Zeilen, gewiß. Aber sie treffen zu, so oder so. Es lohnt sich, das Buch ganz zu lesen. Es lohnt sich auch, mal darüber nachzudenken, was Jakob Wassermann schon 1921 gewußt hat.Vollständige Rezension lesen
Eigentlich hätte durch die bürgerlich-rechtliche Gleichstellung im Zuge der Erneuerung Europas nach der französischen Revolution und durch Napoleon alles gut sein können. Die Grundlage der Integration von Juden in die einzelnen europäischen Völker war (bürger)rechtlich vollzogen. Doch es funktionierte nicht so richtig. Warum? Nur wegen Darwins Grundsteinlegung zum biologischen Rassismus? Nur wegen des darauf aufbauenden Sozialdarwinismus, der die Ausmerzung "lebensunwerten" Lebens zum Programm erhaob? Nur wegen des sich nun als "wissenschaftlich" gerierenden Antisemitismus? - Ein "Betroffener" schildert seinen Weg als Jude und als Deutscher. Reflexionen, die teilweise resigniert sind und teilweise deprimiert machen. Ausgerechnet in einer Gesellschaft, die sich gegenüber intoleranten Anti-Demokraten selbst aufgibt, um die zu 'integrieren', die gar kein Interesse an einer modernen, offenen Gesellschaft haben, ist Wassermanns Buch bestürzend aktuell. Das gesamte Buch, nicht nur die hieraus oft zitierte Passage: "Es ist vergeblich, das Volk der Dichter und Denker im Namen seiner Dichter und Denker zu beschwören. Jedes Vorurteil, das man abgetan glaubt, bringt, wie Aas die Würmer, tausend neue zutage (...)"Vollständige Rezension lesen
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